Heimatkundliches

Luftbildaufnahme Grube Messel

Luftaufnahme

Der Ortsteil aus der Vogelperspektive

Messel, Müll, Moneten ...

Geschichte eines Kampfes

Der Ortsteil Grube Messel von „Gestern bis Heute“

Von Lothar Wendel

Die Entstehung und fast auch der Untergang der Wohnsiedlung und ab 1977 Messeler Ortsteils Grube Messel war und ist untrennbar mit dem Ölschiefertagebau und der industriellen Nutzung des Ölschiefers verbunden.
Die Geschichte ist jung. In der Mitte des vorletzten Jahrhunderts gab es hier am westlichen Rande der damaligen "Dieburger Waldmark" nur Wald.
Im Jahre 1855 begann der Bau der "Rhein - Main - Eisenbahn" von Darmstadt nach Aschaffenburg. Ende des Jahres 1858 fanden Waldarbeiter neben der fertiggestellten Bahnlinie Raseneisenerz. Die Erlaubnis zum Abbau wurde 1859 für eine "Eisensteingrube in der Zeilharder Waldgemarkung" verliehen. Auch der "Markwald", der wie Zeilhard südlich von Dieburg am Fuße des Odenwaldes liegenden Gemeinden Klein Zimmern, Georgenhausen und Spachbrücken wurde einbezogen. Der entstehende Grubenbereich lag somit auf dem Gebiet der vorher genannten Ortsgemarkungen. Diese Gemeinden bekamen schon im Jahre 1812 Kleinparzellen mit Holznutzungsrechten in der "Dieburger Waldmark" zugewiesen.
Früh entdeckte man, daß unter den geringen Mengen Raseneisenerz "Braunkohle", also der Messeler Ölschiefer lagert.
Erst 1884 kam es durch den Bankier Cäsar Straus zur Gründung der "Gewerkschaft Messel" und somit zum Bau einer "Braunkohlen - Theer - Schwelerei und Theerdestilation" in der Nähe des Forsthauses "Markhaus" in den Gemarkungen Georgenhausen und Klein Zimmern.
Der Betrieb wurde ständig erweitert und um die Jahrhundertwende wurde für Angestellte und Arbeiter auf Klein Zimmerner Gemarkung eine Wohnsiedlung errichtet. Eine Schule mit Standesamt und ein Feuerwehrhaus kamen hinzu.
Die Kreisgrenze verlief damals mitten durch die Ansiedlung. Die Werksiedlung gehörte zum 12 km entfernten Klein - Zimmern im Landkreis Dieburg und der Bahnbereich mit Bahnhof, bahneignen Wohngebäuden, Privathäusern, Gasthäusern und einem Sägewerk zu Messel im Landkreis Darmstadt.
Nach dem ersten Weltkrieg kamen für das Werk Krisenjahre mit Absatzschwierigkeiten und Geldknappheit, die zum Anschluß an einen großen Konzern der A. Riebeck"sche Montanwerke AG führte.
Durch Modernisierung konnten die Fördermengen mehr und mehr gesteigert werden. Ende der 20iger Jahre kamen aus der "Grube Messel" rund 1/3 der Deutschen Ölproduktion. Im zweiten Weltkrieg war das Werk ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.
Fast während des ganzen Krieges war das Werk von Bombenabwürfen verschont geblieben. Jedoch im März 1945 wurde durch einen gezielten Luftangriff und mehreren weiteren kleinen Jagdbomberangriffen erheblicher Schaden angerichtet. Die Wohnsiedlung blieb von Zerstörungen verschont.

Nach Ende des Krieges wurde der Betrieb nach kurzem Stillstand unter US - Administration wieder aufgenommen und die Schäden behoben.
Der größte Teil der A. Riebeck"schen Montanwerke AG lagen in Mitteldeutschland und wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet. Das Werk in Grube Messel wurde im Juni 1954 durch die Gründung des "Paraffin- und Mineralölwerkes Messel GmbH" wieder eigenständig.
Im Februar 1960 erwarb der schwedische Ytong-Konzern die Gesellschaftsanteile der "Messel GmbH", die schon im Jahre 1951/52 in Zusammenarbeit das Ytongwerk "I" zur Herstellung von porösen Bausteinen aus Schwelrückstand errichtete.
Auch in der Wohnsiedlung kam es zu Veränderungen. Das Spritzenhaus der Werkfeuerwehr wurde von gläubigen Grube Messelern zu einer Kapelle umgebaut, weitere vier Wohnblocks wurden für Werksangehörige errichtet und durch Privatinitiative entstanden im "Gustavsweg" und in der Straße "Am Wildpark" Einfamilienhäuser.
In diese Zeit fällt auch der Bau des Vereinsheimes des 1949 gegründeten Gesangvereins "Glück auf", die "Sängerhalle". Sie war damals wie heute Mittelpunkt des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in Grube Messel.
Im April 1962 wurde der Firmenname in "Ytong Messel GmbH" geändert.
Aufgrund steigender Förderkosten, Wegfall von Steuervergünstigungen und dem billigeren Öl aus dem Nahen Osten entschloß man sich, die Produktion von Mineralöl einzustellen. Im Jahre 1963 wurde die Schwelerei und die Raffinerie demontiert und verschrottet. Unmittelbar danach legte man den Grundstein für das Ytong-Werk "II".
Auch außerhalb des Werkes gab es Veränderungen. So wurde 1964/65 das Sägewerk stillgelegt und demontiert. Auf dem Gelände entstanden zwei große Lagerhallen. In der Werkssiedlung wurden alle Wohnhäuser außer den vier "Blocks", das "Markhaus", das Gasthaus "Wildpark" und die "Werksvilla" abgerissen. Als Ersatz errichtete man einen Wohnblock mit 42 Mietwohnungen. Erst Anfang der 90er Jahre wurde der Bereich der "Markstraße" wieder mit Reihenhäusern bebaut.
Im Bahnhofsbereich verschwanden die Stellwerke, Bahnwärter-und Blockhäuser, die Güter- und die Wartehalle.
Der früher idyllisch im Wald gelegene Grube Messeler Friedhof wird heute von einem Bauschuttaufarbeitungsbetrieb, einer Lagerhalle und Gewerbebebauung umringt.

Durch die Stillegung des Paraffin-und Mineralölwerkes wurde auch die Werksfeuerwehr aufgelöst.
Um aber in Grube Messel den Brandschutz aufrecht zu halten wurde 1962 die "Freiwillige Feuerwehr Grube Messel" gegründet. Sie errichtete Ende der 60er Jahre eine Fahrzeughalle und baute den Saal der in den 70er Jahren geschlossenen "Alten Schule" zum Umkleide- und Schulungsraum um. Leider hat sich die "FF Grube Messel" wegen "Aktivenmangel" im Jahre 2008 selbst aufgelöst.
Am 31.Dezember 1971 wurde der Tagebaubetrieb in der "Grube Messel" endgültig eingestellt. Die Kesselhausbefeuerung wurde auf Öl umgestellt.
Pläne in der "Grube" eine Großmülldeponie für das Rhein-Main-Gebiet einzurichten wurden bekannt. Es entwickelte sich erheblicher Widerstand in der Bevölkerung von Grube Messel und auch von Messel. Leben und Wohnen neben einer Mülldeponie dieser Größenordnung wäre nicht zumutbar. Eine "Bürgerinitiative zur Verhinderung der Mülldeponie Grube Messel" wurde gegründet. Sie hatte im Laufe des Widerstandes bis zu 3000 Mitglieder.
Durch die Gebietsreform zum 1.1.1977 wurde die Siedlung Grube Messel zum Ortsteil von Messel. Dadurch konnte auch von Seiten der Gemeinde Messel politischer und juristischer Druck ausgeübt werden. Ein Planfeststellungsverfahren wurde durchgeführt und die Deponie genehmigt. Das Verwaltungsgericht in Darmstadt lehnte am 20.1.1984 die Klage der Gemeinde Messel und weiterer 54 Privatkläger gegen die Deponie ab. Fünf Privatkläger und die Gemeinde legten vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel Berufung ein. Diese führte 1987 im Eilverfahren und 1988 in der Hauptsache zum Erfolg. Das Gericht hob den Planfeststellungsbeschluß wegen einer Vielzahl von Fehler als rechtswidrig auf. Bis dahin waren rund 65 Millionen Mark verbaut und ein Teil der Grubenstruktur zerstört. Im Februar 1990 verkündete die Landesregierung den endgültigen Verzicht der "Mülldeponie Grube Messel".
Auch die anschließende Planung einer Haldendeponie am Grubenrand wurde eingestellt.
Ein wichtiger Faktor bei der Rettung der "Grube Messel" waren und sind die Fossilienfunde im
Ölschiefer. Es wurden und werden große Mengen Tiere und Pflanzen aus einer Zeit vor rund 50 Millionen Jahren in einem hervorragenden Erhaltungszustand gefunden. Die "Fossilienfundstätte Grube Messel" zählt für die Wissenschaft zum "Pompeji der Paläontologie".
Im Jahre 1991 übernahm das Land Hessen für 32,6 Millionen Mark "Entschädigung" die Grube vom "Zweckverband Abfallverwertung Südhessen" und stellte sie unter Schutz.
Die UNESCO, eine Einrichtung der Vereinten Nationen, erhob die "Fossilienfundstätte Grube Messel" im Dezember 1995 in den Rang eines "Weltnaturerbes", das Erste und bis jetzt einzige in Deutschland.
Der Ortsteil Grube Messel hat wieder eine Zukunft.

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